"Ohne den Export gäbe es uns heute nicht mehr"

Thorsten Schwab spricht mit Karlstadter Unternehmern über die Perspektiven des Außenhandels

27.07.2016

Die nun beginnende sitzungsfreie Zeit möchte CSU-Landtagsabgeordneter Thorsten Schwab nutzen, um verstärkt mit den Menschen und Unternehmen im Landkreis in Kontakt zu treten und über aktuelle politische Entwicklungen und Perspektiven zu sprechen. Den Auftakt bildeten am Donnerstag Betriebsbesuche bei den Karlstadter Mittelständlern Furnierwerk Fritz Kohl und URT. Diskussionsgegenstand war in erster Linie das geplante transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP). Die Geschäftsführer freuten sich über das Interesse an ihrem Unternehmen und die Möglichkeit des direkten Austausches.

Friedrich Kohl schätzt den persönlichen Kontakt zu seinen internationalen Kunden. Etwa 80 Prozent der Furniere exportiert er ins Ausland. 150 verschiedene Holzarten werden hierfür aus der ganzen Welt bezogen und als Furnier in die ganze Welt verkauft. Kohl spricht von "Apple-Qualität", die ein Stamm haben müsse, um zu Furnier für die Stores des kalifornischen Software-Entwicklers verarbeitet zu werden. Der Großteil seiner Kunden kommt direkt nach Karlstadt, um das Unternehmen und die hochwertige Ware vor Ort zu begutachten. Mit der Belieferung von Weltunternehmen sowie dem Flug- und Fahrzeuginnenausbau hat das Furnierwerk seine Nische gefunden. Furnier für Büro- und Wohnmöbel in Deutschland werde nicht mehr nachgefragt. Als Unternehmer geht es Friedrich Kohl wie vielen anderen Führungskräften kleiner und mittlerer Unternehmen: Den Ausbau des Freihandels hält er für "außerordentlich wichtig". Sein Furnierwerk ist eines von fünf verbliebenen in Deutschland. Für das Unternehmen würde er sich "riesig freuen", wenn das Freihandelsabkommen mit den USA beschlossen würde. Rund 10 Prozent mache der Handel mit den USA aus. Als Verbraucher sieht Kohl freilich Kritikpunkte am geplanten Abkommen, die im familiären Kreis oft zu Diskussionen führten. Für Unmut sorgt dabei vor allem die Angst vor einer Absenkung der Verbraucher- und Gesundheitsschutzstandards. Gleichwohl wundert sich Kohl darüber, dass diese stets einziger Diskussionsgegenstand sind, obwohl sie doch lediglich einen kleinen Teil der Verhandlungen ausmachen. Über das eigentliche Ziel des Abkommens, Zölle abzuschaffen und unnötige, teure und aufwändige Handelshürden abzubauen, darüber spreche leider niemand. Die leitenden Mitarbeiter im Unternehmen, so Friedrich Kohl, seien sich einig über den Wert des Freihandelsabkommens. Oft genug sei man in der Vergangenheit durch politische Entscheidungen behindert worden. Klare, gemeinsame Regeln mit den Handelspartnern schafften Sicherheit und Auftrieb für den überlebensnotwendigen Export.
Auch die Firma URT, die sich auf die Forschung, Entwicklung und Konstruktion von Recyclinganlagen, insbesondere für Altkühlgeräte, spezialisiert hat, agiert weltweit. Und auch URT bedient einen Nischenmarkt, gemeinsam mit etwa fünf bis acht namhaften Herstellern in der EU. "Ohne den Export könnten wir nicht existieren", ist sich Thomas Gundersdorf, einer der beiden Geschäftsführer  von URT, mit Friedrich Kohl einig. Von gemeinsamen europäischen Standards habe das Unternehmen stark profitiert. Eine der modernsten Recyclinganlagen für Altkühlgeräte in der EU laufe derzeit in Rumänien. Der US-amerikanische Markt sei für die Recyclingbranche hingegen schwierig. Hohe Erwartungen hatten die beiden Firmenchefs an Obama, der große klimapolitische Ziele hatte. Doch am Ende wurden die Erwartungen enttäuscht: Während in der EU die Herstellerverantwortung den Produzenten maßgeblich an den Entsorgungskosten seines Produktes beteilige, existiere in den USA bisher nicht einmal ein Deponierverbot, so Gundersdorf. Bisher lieferte URT eine einzige Anlage in die USA. Die Frage, ob TTIP das Unternehmen voranbringen würde, beantwortet er mit "Jein": Nur, wenn die Umweltstandards in den USA entsprechend angeglichen würden. Bisher sei die Umweltgesetzgebung in den USA "meilenweit von uns entfernt". Eine engere Zusammenarbeit bei Verbraucherschutzvorschriften und bei der Lösung von Rechtsstreitigkeiten hält Gundersdorf eher für schädlich. Ein Abkommen, das den Handel erleichtert, indem Zölle und Import- wie Exportbeschränkungen abgebaut werden, wäre jedoch grundsätzlich willkommen.
Wenn man mit Führungskräften in den Unternehmen spreche, so Schwab, sei die Haltung in der Regel klar: Freihandel ist ein Wachstumsmotor, gerade für kleine und mittlere Unternehmen mit starkem Exportanteil. Sobald sich jedoch der "Verbraucher" zu Wort melde, würden Zweifel und Befürchtungen laut. "Wir wollen keinen Freihandel um jeden Preis", betont Schwab. "Deshalb müssen wir die Verhandlungen kritisch begleiten und am Ende prüfen, ob das Ergebnis den Interessen der Verbraucher entgegensteht. Wenn die Gegner des Abkommens jedoch mit dem Vorwurf kokettieren, bei TTIP gehe es immer nur um wirtschaftliche Interessen, dann muss auch die Frage erlaubt sein, wem es denn nützt, wenn es den heimischen Wirtschaftsunternehmen gut geht", gibt Schwab zu bedenken.